Intimität mit Regeln
01. Apr 2020 | Filmmakers Blog
“Schauspielerin Julia Effertz wurde von Ita O`Brien zur Intimitäts Koordinatorin ausgebildet und erzählt uns im Video, warum diese Tätigkeit so wichtig ist!” Filmmakers

Was ist ein “Intimacy Coordinator”?

Wir kennen sie alle, die erotischen Szenen in einem Film oder einer Serie, die gelegentlich so delikat sind, dass sie einigen von uns eine dezente Schamesröte ins Gesicht zaubern. Doch während wir dabei eingekuschelt und mit einer Tüte Chips bewaffnet auf der Couch sitzen, sind die SchauspielerInnen dieser Szene in einer ganz anderen Situation. Denn der Dreh dieser intimen Begegnung war alles andere als gemütlich – er war harte Arbeit! Was nämlich auf dem Bildschirm nach einem vertrauten Moment zu zweit aussieht, ist letztendlich ein gut ausgeleuchtetes Rudelgucken mit einer Crew von bis zu 100 Leuten.

Klar, es ist in dem Augenblick auch der Job der SchauspielerInnen und daher wird eben eine solche Szene genauso professionell behandelt wie jede andere – hoffentlich! Denn nicht nur, dass es grundsätzlich eine sehr sensible Situation ist. Stellt euch vor, ihr sollt möglichst sexy, vielleicht wild stöhnend eine Sexszene nachstellen, bei der ihr nackt seid und werdet dabei von unzähligen Menschen drum herum betrachtet und bewertet. Es kann sogar zu übergriffigen, unangebrachten und schlichtweg unprofessionellen Handlungen am Set kommen. SchauspielerInnen berichteten bereits von Regisseuren, die sie zu Nackt- und Sexszenen über das vereinbarte Maß hinaus gedrängt haben. Es soll zum Beispiel plötzlich viel mehr Haut gezeigt werden! Schauspielerin Ruth Wilson hat offenbar genau aus diesem Grund die Serie „The Affair“ verlassen.

Aber auch auf den ersten Blick unscheinbare Handlungen oder Umstände, können als extrem unangenehm empfunden werden. Zum Beispiel stellt sich bei einer solchen Drehsituation die Frage, ob wirklich das gesamte Produktionsteam am Set sein muss? Oder ob man nicht besser nur mit der für diese Szene benötigten Crew arbeiten kann. Auch Berührungen können und sollten vorher festgelegt werden, wo möchte jemand vielleicht gar nicht angefasst werden und wo ist es völlig okay?

Um genau solche Fälle zu vermeiden, hat Netflix für seine Serie „Sex Education“ die Britin Ita O`Brien engagiert. Sie ist seit 2017 als „Intimacy Coordinator“ tätig und betreut mittlerweile viele verschiedene Produktionen. Seit einigen Monaten gibt es auch im deutschsprachigen Raum jemanden, die das Thema „Intimität am Set“ aufgreift: Schauspielerin Julia Effertz. Sie wurde von Ita O`Brien zur Intimitäts Koordinatorin ausgebildet und erzählt uns im folgenden Video, was ihre Aufgaben sind und warum diese Tätigkeit so wichtig ist!